Der Transvulcania steht schon seit ich denken kann auf meiner Trailrunning-Bucketlist und 2025 sollte es endlich soweit sein. Im Mai ging es auf die kanarische Insel La Palma, wo über 73km Trail mit gut 4300 Höhenmetern auf mich warteten. Im heutigen Beitrag gebe ich dir alles an Informationen mit, um das Rennen selbst bestmöglich zu bestreiten.
Das Rennen
Der Transvulcania ist ein Trail-Ultramarathon auf der kanarischen Insel La Palma. Das Event findet üblicherweise Mitte Mai statt und verläuft auf einer Strecke von ca. 73,5km über die gesamte Insel. Jede Website nennt unterschiedliche Angaben, was dabei genaue Distanz und Höhenmeter angeht. Auf der offiziellen Website ist von 4350m die Rede (bzw. 4057m bergab), wobei meine Uhr (und die vieler anderer Teilnehmer) eher auf 4800m gekommen ist.
Zusätzlich gibt es eine Marathon- und Halbmarathon-Distanz, sowie einen Vertikal-K über 7,26km mit 1203 Höhenmetern, die auf derselben Strecke wie der Ultra verlaufen.
Der Transvulcania ist vor allem für seine atemberaubende Landschaften, aber auch für seinen technischen Anspruch an die Teilnehmer bekannt.
Die Vulkaninsel bietet wunderschöne Natur und beinhaltet Lavafelder, schwarzen Sand, steile Klippen und Pinienwälder. Gleichzeitig bietet die Insel ihr eigenes Mikroklima: Je nach Jahreszeit können sich Reisende eine Schneeballschlacht am Roque de los Muchachos liefern und sich anschließend in Tazacorte im Meer abkühlen. Okay – Im Mai ist Schnee dann doch eher unwahrscheinlich, aber ich denke, das Prinzip wird klar. Über Sonne, Wind, Regen und Nebel kann während des Rennens alles dabei sein – und in kürzester Zeit wechseln.
Hinzu kommt die Beschaffenheit des Untergrunds: die ersten Kilometer in Richtung Los Canarios beginnen bergan auf Asphalt, wechseln aber sehr schnell zu Sand und über Waldwege wieder zu sandigem Untergrund. Gerade dieser ist durch das ständige Einsinken der Beine kräftezehrend. In höheren Lagen und bergab kommen felsige Abschnitte hinzu, die Trittsicherheit und ständige Anpassung des Lauftempos erfordern.
Die Kombination all dieser Faktoren macht das Rennen aus – die Vegetation und die Aussichten machen es eine Reise wert.
Streckenübersicht
Die Strecke des Ultramarathons entspricht der Route des Fernwanderwegs GR131 (der über alle kanarischen Inseln verläuft) und beginnt (wie auch der Halbmarathon) im Süden der Insel in Faro de Fuencaliente. Hier starten direkt die ersten Höhenmeter über Asphalt und Vulkan-Sand bis nach Los Canarios zur ersten Verpflegungsstelle. Nun geht es in den Wald und über die Ruta de los Volcanes bis zum Refugio el Pilar, was auch den Start der Marathonstrecke und das Ziel des Halbmarathons darstellt.
Es folgen ein paar flache, laufbare Kilometer, bis die Strecke in den zweiten langen Anstieg über den Pico de la Cruz zum Roque de los Muchachos weitergeht, nachdem ein langer Abstieg von ca. 20km und über 2000 Höhenmeter bis zurück auf Meereshöhe geht. Doch Puerto de Tazacorte stellt nur für die Marathonläufer das Ziel dar – Teilnehmer des Ultras dürfen sich nach einer kurzen Erfrischung am letzten Versorgungspunkt nochmal über 5km mit knapp 350 knackigen Höhenmetern freuen, bis der Zieleinlauf in Los Llanos de Aridane auf sie wartet.
Die letzten ca. 7 Kilometer des Abstiegs nach Tazacorte entsprechen der umgekehrten Strecke des Vertikal-K-Rennens.
Das Hauptevent findet üblicherweise am zweiten Samstag im Mai statt, wobei der Ultramarathon und der Marathon um 06:00 morgens beginnen, der Halbmarathon um 07:30 startet. Der Vertikal-K findet am Donnerstagnachmittag vor dem Rennwochenende Platz im Programm.
Die Veranstalter bieten ein umfangreiches Rahmenprogramm, dessen Herzstück die Renn-Expo ist, welche am Mittwoch in Los Llanos beginnt.
Die Expo
Los Llanos ist die größte Stadt auf La Palma und die Expo findet zentral auf dem Plaza Juan Pablo II statt. Neben den Ständen der Hauptsponsoren gibt es diverse kleinere Angebote lokaler Händler. Die Abholung der Startunterlagen war innerhalb weniger Minuten erledigt, am Donnerstag nachmittag gab es keinerlei Warteschlangen.
Das Startpaket fällt sehr großzügig aus: Starter aller Distanzen erhielten ein T-Shirt, Longsleeve und eine Lauf-Cap mit Transvulcania-Branding. Finisher der Ultra-Distanz sollten zusätzlich ein Finisher-Shirt im Ziel erhalten.
Ich wollte die Expo noch für ein Auffüllen meiner Gel-Vorräte nutzen, da ich in den letzten Jahren viel mit den Produkten der spanischen Marke 226ers trainierte, aber abgesehen davon war das Angebot auf der Expo recht überschaubar: Hauptsponsor Adidas hatte lediglich einige Stücke aus der aktuellen Kollektion zur Ausstellung, aber keinen “richtigen” Verkaufsstand darüberhinaus. Die kleineren Händler nutzten die Expo gefühlt primär zum Abverkauf von Altbeständen, was zwar grundsätzlich preislich interessant war, aber auch zu einer hohen Schnittmenge der angebotenen Artikeln führte.
Neben den Verkaufsständen gab es ein Rahmenprogramm mit Interviews der Profis und auch für Verpflegung ist reichlich gesorgt, aber die (zu) hohe Lautstärke des Moderators und der fehlende Schatten auf dem Platz sorgten dafür, dass wir uns recht schnell wieder auf den Weg machten und uns noch ein ruhigeres Cafe zum verschnaufen suchten
Logistik & Planung
La Palma ist recht klein – die Insel erstreckt sich über eine Fläche von 25x50km, aber durch die Topographie werden auch kurze Strecken recht zeitaufwendig. Zum Vergleich: Die Route, die ich für unsere Supporter an der Strecke geplant habe, verlief über insgesamt 205km bei reiner Fahrtzeit von über 5 Stunden. Außerdem verläuft das Rennen über eine Punkt-zu-Punkt Route und erfordert dementsprechende Planung im Voraus.
Anreise und Unterkunft
Die Insel verfügt über einen kleinen Flughafen, der aber weniger Anbindungen besitzt als die anderen größeren Kanareninseln. Alternativ zum Direktflug bietet sich der Transfer via Fähre an, wobei die Route in den Süden Teneriffas (Los Christianos) am einfachsten zu organisieren sein dürfte. Hier wiederum besteht schnelle Anbindung an den Flughafen Teneriffa Süd. Die Kosten für die Fähre (Fred Olsen Express, Fahrtzeit ca. 2:30) beliefen sich in unserem Fall auf ca. 55€ pro Person und Weg, wobei das je nach Tag und Uhrzeit etwas variiert. Hinzu kommt der Transport von großen Gepäckstücken für 1€ pro Stück (Kleingeld für’s Schließfach nicht vergessen).
Auf La Palma selbst bietet sich ein Mietwagen auf jeden Fall an, diese sind aber auf den Kanaren allgemein günstig und unkompliziert bei z.B. Cicar buchbar.
Wir haben eine Ferienwohnung an der Ostküste der Insel gebucht. Für das Rennen selbst war das sicherlich nicht die beste Entscheidung, wir wollten aber etwas Ruhe und die Gegend um San Andres y Los Sauces hat uns sehr gefallen.
Grundsätzlich macht es Sinn, sich eine Unterkunft in Los Llanos anzumieten. Damit sind keine Fahrten nach dem Rennen mehr nötig. Falls das keine große Rolle spielen sollte, kannst du aber prinzipiell auch jeden anderen Standort auf der Insel nutzen.
Ausrüstung
Wie bei jedem Trail-Event gibt es auch beim Transvulcania eine Liste an Pflichtausrüstung. Gerade im Vergleich zu den mir geläufigeren Rennen in den Alpen ist diese aber extrem überschaubar.
Die Pflichtausrüstung für den Ultra bestand 2025 aus:
- Behältnis für min. 1L Flüssigkeit inkl. Soft-Flask / Becher zum Auffüllen an den VPs
- Stirnlampe (min. 200LM) mit Rücklicht (!)
- Wärmedecke (2x1m)
- Geladenes Handy
Für die Austragung 2026 wurde die Liste zudem um eine Pfeife ergänzt.
Achtung: Die Ausrüstung wird kontrolliert – vor dem Start wurde sowohl Stirnlampe, als auch Wärmedecke und Handy inklusive Ladezustand geprüft. Zusätzlich wurde im Ziel bei allen Finishern dasselbe nochmal geprüft.
Meiner Meinung nach ist die Pflichtausrüstung bei normalen Bedingungen ausreichend, sollte aber um eine Kopfbedeckugn ergänzt werden. Achte aber im Voraus auf Wetterbericht und Race-Briefing: Für unser Rennen waren Wolken in Höhen von 800-2400m. angekündigt, sowie dauerhafter Regen, Temperaturen von ca. 0°C am Pico de la Cruz und Windböhen von über 70km/h.
Ich entschied mich dementsprechend, zusätzlich Handschuhe und zwei trockene Oberteile sowie eine wasserdichte Windjacke mit an den Start zu nehmen. Mein Plan war, in El Pilar von T-Shirt auf Longsleeve zu wechseln und bei Bedarf die Handschuhe für den zweiten langen Anstieg dabei zu haben, sowie für den Downhill erneut in trockene Klamotten wechseln zu können. Die Entscheidung sollte sich später als genau richtig herausstellen – bei keinem Rennen habe ich so viele Läufer aufgrund der Kälte ausscheiden und zum Teil mit Wärmedecken weiterlaufen sehen.
Zusätzliche warme Kleidung vor dem Start ist mMn. nicht notwendig – bereits um 03:00 morgens hatten wir auf dem Weg zum Bus-Shuttle 16°C und am Startbereich in Faro de Fuencaliente gibt es genug Möglichkeiten, windgeschützt auf den Start zu warten.
Am Renntag
Die Veranstalter bieten einen Shuttle-Service am Rennmorgen an, der Läufer aus verschiedenen Winkeln der Insel einsammelt und zum Start nach Faro de Fuencaliente bringt. Es werden verschiedene Ausgangspunkte angeboten, wobei hierzu E-Mails an die Läufer verschickt werden und sich jeder im Voraus für die jeweils bestmögliche Option anmelden kann.
Wir entschlossen uns für den Start in Santa Cruz de La Palma. Auf der Ostseite der Insel ist das die nördlichste Option, was für uns aber trotzdem 35min Fahrtzeit mit dem Auto bedeutete. Bei einer Abfahrtszeit des Busses um 03:45 doch nicht ganz unerheblich.
Die Busfahrt verlief ruhig und wir erreichten den Startbereich ca. eine Stunde vor Start, also gegen 05:00 morgens. Das letzte Stück des Weges ist für die Busse gesperrt, sodass wir noch ca. 800m zu Fuß zurücklegen mussten. Der Startbereich selbst ist recht karg ausgestattet und hat bis auf ein paar Gebäude, die zumindest Schutz vor dem bereits starken Wind spendeten, nicht viel zu bieten.
Direkt neben dem Leuchtturm waren 6 (!) Dixi-Klos aufgebaut, direkt im Startbereich standen ein paar weitere. Verfügbarkeit von Klopapier war dabei Fehlanzeige, also solltest du (wie bei jedem Rennen) vorsorgen und selbst etwas einpacken.
Der Start des Rennens erfolgt dann 200m westlich des Leuchtturms am Playa del Faro de Fuencaliente.
Verpflegung & Drop-Bags
Beim Transvulcania werden keine Möglichkeiten für Drop-Bags während der Strecke angeboten – es gibt lediglich einen Gepäcktransfer vom Start zum Ziel. Crewing von persönlicher Begleitung ist aber an den VPs in El Pilar (nach ca. 25km) und beim Roque de los Muchachos (nach ca. 50km) erlaubt.
Verpflegungsstationen sind recht hingegen großzügig verteilt: es warten 8 Möglichkeiten, die eigenen Vorräte aufzufüllen auf die Läufer. Die ersten beiden davon in Los Canarios (7,4km) und Las Deseadas (17km) verfügen allerdings ausschließlich über Getränke. Ab El Pilar (24,8km) gibt es dann zusätzlich Gels, Riegel & Süßigkeiten, diverses Obst und Gebäck. Am Roque de los Muchachos gab es sogar Pasta. Die VP4 folgt in El Reventón (31,5km), Pico de la Cruz (46,5km), Roque de Los Muchachos (50,7km), Torre de El Time (60,7km) und in Puerto de Tazacorte (67km).
Der längste Abschnitt ohne VP liegt entsprechend mit knapp 15km zwischen El Reventón und dem Pico de la Cruz. Dieser Abschnitt enthält zudem nochmal ein paar steile Anstiege – ich habe für das Stück zwischen den beiden VPs knapp 3 Stunden benötigt. Fülle entsprechend dort nochmal deine Vorräte auf.
Klima & Wetterverhältnisse
Der Transvulcania ist bekannt für wechselhaftes Klima und dass Läufer auf dem Weg von Meereshöhe zum Roque de los Muchachos einmal jede mögliche Klimazone mitnehmen können.
Grundsätzlich war ich auf Hitze eingestellt, aber dieses Jahr sollte uns das Wetter diesbezüglich einen Strich durch die Rechnung machen – dazu aber gleich mehr.
Ich kann dementsprechend keine persönlichen Erfahrungsberichte für den Rennverlauf bei “normalen” Bedingungen mitgeben, aber anhand der Tage vor dem Rennen habe ich gelernt, wie intensiv die Sonne auch bei unter 20°C Lufttemperatur sein kann – nimm das unbedingt ernst und achte auf die Basics: Genug zu trinken, ggfs. Salztabletten, Kopfbedeckung & Sonnencreme.
Streckenverlauf & Rennbericht
Schon beim Start am Faro de Fuencaliente waren die Vorzeichen düster. Ich startete mit Shorts, T-Shirt und Regenjacker unter der Laufweste. Pünktlich zum Start setzte prasselnder Regen ein, der zwar phasenweise nachließ aber während den ersten 50km ein treuer Begleiter bleiben sollte. Die ersten Kilometer verliefen relativ unspektakulär, aber nach den ersten 300 Höhenmetern machte sich der Wind mehr und mehr durch peitschende Böen bemerkbar.
Ich hatte vor dem Start bereits ein einfaches Frühstück und knapp 80g Kohlenhydrate per Maurten 320 aufgenommen, und weitere 80g in meinen Flaschen für den ersten Streckenabschnitt. Zusätzlich war der Plan, alle 30min knapp 30g mehr über Gels aufzunehmen, wobei mir schon klar war, dass das nicht über die ganze Strecke hinhauen würde.
Nach ca. 70 Minuten erreichte ich den ersten Verpflegungspunkt in Los Canarios, wo ich kurz meine Wasservorräte auffüllte und den Ort richtung Norden verließ. Nun ging es über die Ruta de los Volcanes weiter durch die Pinienwälder und entlang der Vulkane der südlichen Inselhälfte.
Der Nebel ermöglichte Sichtweiten von wenigen Metern und der Regen blieb konstant, aber die Klamotten waren (noch) dicht und warm. Natürlich hatte ich mich auf die Aussichten auf der Strecke gefreut, aber Spaß hatte ich dennoch weiterhin. Kurz nach VP2 in Las Deseadas ging es auf den ersten Downhill der Strecke in Richtung VP3 in El Pilar. Ich nutzte den VP, um mein T-Shirt gegen ein Longsleeve zu tauschen, um den Temperaturen in den Bergen besser gewappnet zu sein und packte vorsorglich auch meine Handschuhe aus.
Es folgen ca. 7 vergleichsweise flache Kilometer auf breiten Forstwegen, die aber vom Regen teilweise sehr matschig und rutschig waren. Dennoch ist dieser Streckenabschnitt sehr gut laufbar. Zwischendurch kam nun sogar die Sonne raus, der Wind verstärkte sich allerdings und schlug uns von Westen aus entgegen – entlang des südlichen Abschnitts der Caldera de Taburiente. Die Wolken hingen aber immer noch so dicht, dass von der Landschaft außerhalb der nächsten 100m nicht viel mitzunehmen war. Meine Ernährungsstrategie ging bisher auf, wobei mein Magen bereits jetzt nicht so ganz begeistert vom heutigen kulinarischen Ausflug zu sein schien.
Nach gut 31km folgt mit El Reventón der nächste VP. Der nächste Abschnitt versprach, mit 15km und 1400 Höhenmeter recht lang zu sein und ich füllte nochmal meine Vorräte auf. Nun begann der Teil der Strecke, vor der ich den meisten Respekt hatte. Die Anstiege begannen nun, anstrengender zu werden. Ich war aber überrascht von den vielen, längeren Abwärtspassagen, die trotzdem noch viel Abwechslung in diesen Streckenabschnitt brachten. Die Aussicht war immer noch bescheiden, aber die Strecke machte wirklich Spaß. Wie zuvor wechselten sich hier Waldwege mit Kies, Geröll und Sand ab, sind aber im Großen und Ganzen gut laufbar und die Anstiege sind nicht allzu steil.
Mit zunehmender Höhe machte sich aber auch die Temperatur langsam bemerkbar. Noch war mir warm genug, aber ich konnte mich frühestens am Roque de los Muchachos bei VP6 wieder umziehen und bis dahin war noch ein weiter Weg. Erste Läufer packten am Streckenrand ihre Wärmedecken aus und man konnte vor allem den spanischen Teilnehmern ansehen, dass sie dieses Klima nicht gewohnt waren. Für viele wurde der Wettkampf zu einem Kampf um Durchhaltevermögen und reinen Willen.
Ich bin mir persönlich nicht sicher, ob mir dieses Wetter nicht sogar eher in die Karten gespielt hätte. Sicher, bessere Aussichten über die Insel hätte ich sehr gerne gehabt, aber grundsätzlich komme ich kalten Temperaturen bei Wettkämpfen deutlich besser klar als mit Hitze.
VP5 war dann langsam in Reichweite – nach gut 46km gab es am Pico de la Cruz (2293m) endlich wieder Nachschub. Mein Magen war wieder in Ordnung, aber trotzdem beschloss ich, bei den VPs mit Cola nachzuhelfen – jeweils ein halber Softflask mit Cola für sofort, dann aufgefüllt mit Wasser für unterwegs.
Der Wind am Gipfel war unerbittlich und jetzt wurde es auch noch richtig kalt. Ich beeilte mich, noch 2-3 Gels einzupacken und nichts wie weiter. Bei der Eile habe ich dann auch direkt meine Support-Crew aka Freundin verpasst, die hier im Auto gewartet hatte und nur kurz etwas Schutz vor dem Wind haben wollte.
Der nächste Abschnitt bis zum Roque de Los Muchachos beträgt lediglich gut 4km und 300 Höhenmeter – dafür hatte ich in etwa eine Stunde eingeplant. Die Schätzung ging auch auf und so erreichte ich wenig später den höchsten Punkt der Strecke. Und endlich: Sonne! Zum Norden hin öffnete sich der Blick aufs Meer und es wurde spürbar wärmer. Ich beschloss dennoch, mein Longsleeve noch anzubehalten und ein Wechsel-Shirt erst für später einzupacken. Für die Regenjacke ging’s aber in die Laufweste. Nach obligatorischer Cola-Pause (und Pasta!) sowie Auffüllen der Flaschen ging es zurück in den Nebel.
Ich hatte bereits 4000 Höhenmeter auf der Uhr und freute mich darauf, bis Tazacorte bergab laufen zu können. Auf der Streckenbeschreibung waren 4350 Höhenmeter gesamt angegeben und die übrigen 350 Höhenmeter passten in meinem Kopf gut auf das Reststück von Tazacorte nach Los Llanos. Umso härter hat mich der nächste Anstieg getroffen, der bald folgen sollte. Immer wieder wurden die Abstiege durch kleine Rampen unterbrochen. An sich genommen waren die alle kurz, nicht allzu steil und schnell überwunden, aber mental waren diese zusätzlichen Höhenmeter unglaublich kräftezehrend.
Nach und nach ging es dann aber doch nur noch abwärts und die Abstiege begannen, mir wieder leichter zu fallen. Immer wieder tauchten steile Abschnitte auf, aber auch hier war der Großteil der Strecke recht gut laufbar und ich begann wieder, andere Läufer zu überholen. Es wurde auch wieder wärmer und ich tauschte mein Longsleeve gegen mein T-Shirt.
Der nächste VP in Torre de El Time ließ nicht lange auf sich warten und wir verließen endlich die Wolken. Der Rest der Strecke versprach so zumindest noch ein wenig der bisher schlechten Sicht gutzumachen. Noch einmal die Flaschen aufgefüllt ging es weiter, entgegengesetzt der Strecke der Vertical-K-Läufer vom Donnerstag. Und hier begann der Downhill, wirklich anspruchsvoll zu werden. Felsiger, steiler Untergrund machte es unmöglich, einen gleichmäßigen Rhythmus zu finden, und ich drosselte mein Tempo ein wenig. Die Bedingungen besserten sich nach 63,5km, nachdem wir wir eine Straße im Norden von La Punta überquerten und uns auf einem schmalen, aber ebenen Singletrail wiederfanden.
Die restlichen 10 Kilometer ab hier waren dann wieder deutlich einfacher laufbar – wir liefen entlang kleiner Ortschaften und überquerten ein paar Straßen. Die Zuschauer wurden langsam wieder mehr und man fühlte das Ziel so langsam näher kommen. Bevor es auf die Serpentinen vor Puerto de Tazacorte ging, mussten wir aber noch an ein paar Bananenplantagen vorbei, wo die Straße so steil war, dass mir und meinen Oberschenkeln eine Treppe deutlich lieber gewesen wäre. Zähne zusammenbeissen und weiter. Kurz danach war dann auch endlich der Strand von Tazacorte aus nächster Nähe (zumindest wenn man die Höhenmeter dazwischen ignoriert sichtbar).
Den Downhill auf den Serpentinen bin ich zunächst etwas defensiv angegangen, war dann aber positiv überrascht, wie groß die Steinplatten im Boden waren und wie gut laufbar der Abschnitt dementsprechend war. Nach der ersten Kehre trug mir der Wind bereits die Jubelrufe meiner Freundin entgegen, die in Tazacorte wartete. Ja, die Distanz war augenscheinlich zu hoch dafür aber ja, ich bin mir sicher dass sie es war.
Auf diesem Abschnitt konnte ich nochmal einige Läufer überholen, unter Anderem einen Deutschen, der im selben Outfit (Singlet + Schlüpfer) bereits am Donnerstag am Start war – ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie viel Spaß er am Pico de la Cruz & Roque de los Muchachos hatte.
Puerto de Tazacorte ist Zielpunkt der Marathon-Distanz und gleichzeitig der letzte VP auf der Ultra-Distanz. Ich nutzte diesen aber lediglich zum Kühlen und liess sie ansonsten links liegen.
Der letzte Renn-Abschnitt in Richtung Los Llanos beginnt normalerweise im Barranco de las Angustias und so war ich etwas verwirrt, als uns die Streckenposten auf der Straße oberhalb des leeren Flussbetts weiterschickten. Im Nachhinein habe ich gelesen, dass die Strecke wetterbedingt angepasst wurde, was ich aber nicht ganz nachvollziehen konnte. Auf Meereshöhe war das Wetter schließlich in Ordnung. Die Strecke folgte der Straße gut einen Kilometer, anschließend ging es über eine Brücke in eine Bananenplantagen und über zwei steile Kilometer folgten die letzten Höhenmeter.
Das war der Abschnitt, vor dem ich im Voraus (nach dem Anstieg zum Pico de la Cruz) den meisten Respekt hatte. In der Nachmittagshitze und mit müden Beinen waren die Höhenmeter auch wirklich brutal, aber trotzdem nach gut 10 Minuten geschafft und es ging endlich nach Los Llanos.
Der Transvulcania endet nach einer 1,5km langen Ziellinie, die ich mit 11:57 begann. Nach erster Vorfreude auf ein Finish in unter 12 Stunden wurde mir das auch bewusst und ich beschloss, die letzten Minuten einfach zu geniessen. Die Zuschauer am Straßenrand wurden mehr und mehr, und aus den Cafes, Bars und Restaurants an der Strecke wurden die Jubelrufe lauter und lauter. In den letzten 400m erfolgt ein letztes Abbiegen und mich erwartete nur noch der lange, laute Zieleinlauf.
Nach 12 Stunden und 6 Minuten war ich im Ziel. Über eine Stunde langsamer als meine zwei Begleiter Manuel und Dom, mit denen ich gestartet war, aber zufrieden und glücklich – auch wenn ich mir schönere Aussichten auf der Strecke gewünscht hätte. Aber wer weiß – vielleicht wird das ein Ansporn, das Rennen in den nächsten Jahren nochmal anzugehen.
Fazit
Der Transvulcania wird seinem Ruf absolut gerecht und La Palma bietet einen wunderschönen Austragungsort für das Rennen und einen starken Kontrast zu den anderen kanarischen Inseln. Ich bin froh, dass ich vorausschauend die Ausrüstung für kalte Temperaturen eingepackt hatte und dass das Event trotz den harten Bedingungen so viel Spaß gemacht hatte.
Ich hatte im Voraus starken Respekt vor dem Lauf – die Vermarktung des technischen Anspruchs und des Höhenprofils hat sich so fest in meinem Kopf verankert, dass ich im Endeffekt überrascht war, wie viel einfacher mir die Strecke gefallen ist, als ich es im Voraus erwartet hätte.
Das soll nicht überheblich klingen, aber die moderaten Anstiege, die immer wieder von ebenen oder abschüssigen Passagen unterbrochen werden, machten das Höhenprofil insgesamt deutlich angenehmer als ich es erwartet hätte.
Auch das Wetter habe ich positiver aufgenommen als vermutlich 99% der anderen Teilnehmer – natürlich war es kalt und ja, ich hätte mir gewünscht, mehr von der Schönheit der Insel mitnehmen zu können, aber rein aus dem Aspekt des Rennens heraus vermute ich, dass ich bei höheren Temperaturen um einiges länger unterwegs gewesen wäre. Grundsätzlich komme ich mit niedrigeren Temperaturen während Rennen deutlich besser klar als mit hohen und wirklich kalt war mir ausschließlich in der halben Stunde vor sowie nach dem VP am Pico de la Cruz. Das hätte aber sicherlich auch deutlich anders ausgesehen, wenn ich mich nicht in El Pilar umgezogen hätte und meine trockenen Schichten dementsprechend kürzer gehalten hätte.
Landschaftlich konnten wir dieses Jahr leider nicht allzu viel mitnehmen, aber auch mit kurzer Sicht war die Strecke wunderschön. Kombiniert mit dem Wissen über die Strecke aus den Vortagen macht die Strecke das Rennen aber zu einem noch viel schöneren Erlebnis.
Wie bei den meisten spanischen Rennen, an denen ich bisher teilnehmen durfte, fand ich auch beim Transvulcania, dass etwas Potenzial auf der Strecke blieb, was die Organisation angeht – Kommunikation, Vermarktung etc. funktioniert, ist aber ausbaufähig. Auf der anderen Seite bekommt man hier wirklich etwas für die Startgebühr geboten und die nicht auf Kommerz ausgelegte Vermarktung ist vielleicht eher positiv zu betrachten.
Alles in Allem war der Transvulcania ein tolles Erlebnis und ich konnte etwas Ruhe in mein angespanntes Verhältnis zur Ultra-Distanz bringen – wenig Druck, Fokus auf das Geniessen der Strecke mit dem Gewissen, trotz vieler Auf- und Abs in der Vorbereitung einen soliden Lauf hinlegen zu können war alles was ich wollte und ich hatte (wirklich!) den Großteil der Strecke ein Grinsen im Gesicht.